Vom Maurer zum Hoch-Präzisionsfräser

„Jede noch so kleine Aufgabe ist immer eine neue Herausforderung“, beginnt Georg Feichtlbauer zu erzählen. „Wir machen Auftragsarbeiten für z. B. Zeiss“, setzt der erfahrene Feinwerkmechaniker fort, „das heißt, jedes einzelne Teil muss absolut präzise sein.“

Herr Feichtlbauer hat im Jahr 1984 seine Ausbildung im BFW in Kirchseeon abgeschlossen und arbeitet seitdem bei der GEWO Feinmechanik GmbH in Hörlkofen. Das Familienunternehmen ist Vorreiter in Sachen Präzisionstechnik und gehört zur Top League unter den Marktführern der High-Tech Branche. „Ich arbeite mit sämtlichen Stahlarten, mit Messing, Aluminium und MU-Metall, … das sind weichmagnetische Nickel-Eisen-Legierungen“, ergänzt der stattliche Mann hilfreich erklärend.

Die mehrfach ausgezeichnete GEWO entwickelt innovative high-end Produkte und individuell zugeschnittene, kreative Lösungen für alle Applikationen in höchster Qualität. Ihre Auftraggeber sind namhafte Kunden aus der Halbleiterindustrie, der Luft- und Raumfahrt, der Automobilindustrie sowie der Medizin und Forschung. Die jeweiligen Anforderungen an neue Werkstücke entwickelt die GEWO zusammen mit ihren Kunden. „Nach dem Bestelleingang erfolgt hier eine vollautomatische Planung.“, beginnt der Feinwerkmechaniker die Abläufe zu erklären. „Anhand von CAD1-Daten wird die Rundum-Erstellung des Werkstücks praktisch simuliert. Als Fräser fertige ich dann einen Teil der geplanten Werkstücke an.“

Eine enorme und vielseitige Auswahl an High-Tech Maschinen erlauben der GEWO eine schnelle und präzise Produktion der Auftragsstücke – egal welcher Größe und Stückzahl. Spezielle Dreh- und Fräsmaschinen sorgen für eine enorme Fertigungstiefe und Vielseitigkeit der Teile. Die herausragende Stellung des Unternehmens in der Branche mit heute weit über 600 Mitarbeitern und fast 100 Azubis ist Ergebnis grundsoliden Wachstums.

„Vor fast 40 Jahren, als ich hier anfing, waren wir gerade einmal acht Personen hier“, erinnert sich der fast 60-Jährige: Das Ehepaar Woitzik als Geschäftsführer, er, ein Meister und zwei Lehrlinge. Damals war es sein Vorteil, dass er im BFW die Möglichkeit hatte, einen dreimonatigen CNC2-Kurs zu absolvieren. Sonst wäre es zu der Zeit schwieriger gewesen, als konventioneller Fräser ohne CNC-Qualifikation Arbeit zu finden. Vom Mai 1982 bis Frühjahr 1984 hatte Georg Feichtlbauer die FM9-Klasse im BFW in Kirchseeon besucht. „Wir waren 32 Teilnehmer in der Klasse, und die zehn Besten konnten zusätzlich den CNC-Kurs machen“, zu denen er gehörte. Aber wie kam Georg Feichtlbauer eigentlich damals zum BFW nach Kirchseeon?

Herr Feichtlbauer hatte 1979 seine Maurerlehre mit der Gesellenprüfung abgelegt, bevor es zur Bundeswehr ging. Dort hatte er einen folgenreichen Autounfall – unverschuldet, bei dem er schwerste Brüche erlitt. Es folgte ein wochenlanger Krankenhausaufenthalt, und an einer Tätigkeit als Maurer war nicht mehr zu denken. „Zur Umschulung wurde mir dann das BFW empfohlen.“, erzählt er. „Erst wollte ich Bauzeichner werden, doch das wurde nicht finanziert. Also hatte ich mich für die Feinmechanik entschieden, und es auch nie bereut.“

Er war im Internat in einem Doppelzimmer untergebracht, das er sich mit einem weiteren Rehabilitanden teilte. Beide waren damals knapp 20 Jahre alt und sind heute noch befreundet. „Ich war mit allem sehr zufrieden.“, erinnert er sich an die Zeit im BFW. „Wir hatten Gruppen gebildet, um zusammen zu lernen. Es war insgesamt sehr gesellig dort.“ Damals gab es noch eine Sauna und Minigolf. Die Küche war wohl „unterschiedlich“, erzählt er, und es gab noch keine externe betriebliche Lernphase. Nach der Abschlussprüfung sah er eine Anzeige, in der Feinwerkmechaniker gesucht wurden, er bewarb sich, arbeitete drei Samstage auf Probe, der „Rest ist sprichwörtlich Geschichte“. Heute kann er über das CNC-Fräsen hinaus, längst auch eine 5-Achs-HSC-Fräsmaschine bedienen. Mit ihr kann er noch mehr Seiten, bzw. Achsen bearbeiten, was die Möglichkeiten der Fertigung noch einmal um ein großes Stück erweitert, denn sie ermöglicht mit einer 18.000 min-1 Frässpindel eine unfassbare Genauigkeit im µm-Bereich.

Mit 64 möchte er aufhören. Früher nicht, dafür mache ihm seine Arbeit in der High-Tech Umgebung der GEWO Feinmechanik viel zu viel Spaß. Derzeit – nebenbei erwähnt – hat die GEWO über 40 offene Stellen im technischen und kaufmännischen Bereich zu besetzen.

„Ich hatte während meiner Zeit im BFW ein wirklich gutes Gefühl, in den richtigen Händen zu sein. – Heute würde ich jedem, der im BFW neu beginnt, auf dem Weg geben, dass er oder sie das macht, was er/sie auch machen will und dazu auch steht.“ 

Die nächste Ausbildung zum Feinwerkmechaniker beginnt am 05. Juli 2023.

1 CAD (Computer-aided Design) bezeichnet das computerunterstützte Erzeugen und Ändern eines geometrischen Modells zur Herstellung eines Produkts.

2 Das CNC-Fräsen (Computerized Numerale Control) ist ein hochpräzises Verfahren in der Zerspanung, das auf der computerunterstützten Maschinensteuerung basiert. Der CNC-Fräsvorgang wird von einem Mikrocomputer übernommen, welcher im Steuerteil der Werkzeugmaschine integriert ist.