Vom Kindergarten zur Planungsfirma

Vom Kindergarten zur Planungsfirma für die Chemiebranche

„Das war kein Ponyhof“, beginnt Michaela Vetter ihren Weg zu beschreiben. Drei Jahre war die junge Frau krankgeschrieben und versuchte sich zurück ins Arbeitsleben zu bugsieren. In ihrer Reha wurde klar, dass die damals 31-Jährige ihren Beruf als Erzieherin krankheitsbedingt nicht mehr ausüben durfte. Also musste sie umschulen.

„Mein erster Gedanke war Kauffrau für Büromanagement oder sowas in der Richtung.“, fährt sie fort. „Wichtig war, dass ich keinen Schichtdienst mehr habe. Ich wollte und brauchte etwas Geregeltes.“ Im November 2020 begann Michaela Vetter die Erweiterte Berufsfindung und Arbeitserprobung (EBA) im BFW in Kirchseeon und stellte dort fest, dass die Bürokauffrau „so gar nicht ihrs“ sei. Die Testungen in der EBA ergaben als Ergebnis vielmehr drei technische Berufsbereiche: Elektronik, Produktdesign und Bauzeichnung. „Da war ich zunächst erschlagen“, lacht sie, „und wusste nicht, wofür ich mich entscheiden sollte.“ Die praktische Erprobung bei den technischen Produktdesignern war dann richtungsweisend: Sie war so begeistert von dem Arbeiten mit 3D-Darstellungen, dass sie sich für Technisches Produktdesign, Fachrichtung Maschinen- und Anlagenkonstruktion (TPMA) entschied. Im Juli 2021 zog sie ins BFW-Internat in Kirchseeon.

„Erst fand ich es komisch, in meinem Alter in ein Internat zu ziehen, aber es war wirklich gut dort. Ich fand es super und würde es jedem empfehlen.“ Und wie war die Ausbildung an sich im BFW? „Die war schon knackig“, lacht sie. Dennoch sei sie froh gewesen, dass die Rentenversicherung sie ins BFW geschickt habe. „Denn der Schwerpunkt des BFW liegt ja darin, dass da Menschen kommen, die Probleme haben. Nur sollte man die dann aber auch bei den Lehrern und Psychologen ansprechen. Dafür sind sie ja da“, erklärt sie. Als das Praktikum anstand, begannen sich die Dinge für die junge Frau weiter zu fügen. „Ich war auf der Suche nach einem Praktikumsplatz und habe im Internet ganz klassisch mit Schlüsselwörtern recherchiert.“ Dabei stieß sie auf die Firma Kontech GmbH, die sich ganz in der Nähe ihres Heimatortes Mühldorf befindet. Ihre Kontaktaufnahme ergab zudem, dass dort drei Personen arbeiten, die sie kennen. Ihr Praktikum hat sie dort nicht machen können, der Geschäftsführer bot ihr stattdessen eine Stelle an, wenn sie fertig ausgebildet sei. Überwältigt von dem Angebot nahm Michaela Vetter es an und ist seit August 2023 dort in Festanstellung.

Ihr neuer Arbeitgeber ist in einem ihr ganz neuen Schwerpunktbereich tätig: „Die Kontech GmbH ist eine Planungsfirma und beschäftigt sich eher mit Verfahrenstechnik.“ Genauer gesagt plant und legt sie Rohrleitungssysteme für große Chemiefabriken. „Hier werden sogenannte Fließbilder von den Rohrleitungen erstellt. Ich gehe zu den Fabriken und prüfe deren Rohrleitungssysteme. Wo kommen die Leitungen her, wo gehen sie hin? Was transportieren sie?“ Das habe etwas von mühseliger Detektivarbeit, gesteht sie amüsiert. „Ich muss alles ablaufen und schauen, ob der Rohrleitungsverlauf, die Nennweiten der Rohre, die verbauten Armaturen usw. mit den vorhandenen Daten übereinstimmen. Zum Teil müssen so die Pläne überarbeitet und angepasst werden.“

Es sei ein wahrer Glücksfall gewesen, wie sich alles ergeben habe. „Ich war seit 2018 komplett raus. Mich hatte es beruflich und privat rausgeschmissen", führt sie aus. „Heute empfinde ich Dankbarkeit, dass ich die Chance hatte und bin wahnsinnig glücklich, dass ich das gepackt habe. Ich habe einen riesigen Meilenstein hinter mir, und es ist ein Hammer, dass ich überhaupt wieder im Berufsleben bin. Aber ich bin längst noch nicht da, wo ich hinwill.“ Sie müsse sich Schritt für Schritt wieder ins Leben zurückkämpfen. Durch die Umschulung hat sie wiederentdeckt, was ihr Spaß macht und spart jetzt zum Beispiel für ein Motorrad.

„Im Nachhinein bedauere ich, dass die Zeit im BFW letztendlich doch so schnell vorbeigegangen ist. Ich würde jedem raten, der jetzt anfängt, nicht aufzugeben. Jeder sollte sich über sein Ziel klar sein und es immer vor Augen haben. Und jeder sollte offen sein gegenüber denen, die ihn begleiten und die gebotenen Hilfen auch in Anspruch nehmen.

Die nächste Ausbildung zum/r Technischen Produktdesigner/-in beginnt am 03.07.2024. Der nächste Reha-Vorbereitungslehrgang startet am 03.04.2024. 

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