Die „Zug-Doktorin" – von ungeahnten Stärken

„Das war die beste Entscheidung meines Lebens, dass ich diese Umschulung gemacht habe“, beginnt Teresa Königsberger das Gespräch. „Natürlich ist die Elektronik eine Männerdomäne. Daran muss man sich als Frau erst einmal gewöhnen und sich auch erst einmal beweisen. Doch dann stellt sich heraus, dass so manche Frau viel besser und ordentlicher löten kann“, scherzt sie. „Spätestens dann ist Ihnen die Anerkennung gewiss.“

Teresa Königsberger arbeitet seit März 2020 im Elektronikzentralwerk der Deutschen Bahn in München-Neuaubing. Sie ist als Elektronikerin für Geräte und Systeme für die dortige Fahrzeuginstandhaltung tätig: „Ich repariere Klimasteuerungen, Stromversorgungen und andere elektronische Komponenten, die in einem Zug verbaut sind“, erzählt sie. „Das ist genau das, was ich machen will. Was mit den Händen, in der Instandhaltung. Wenn was kaputt ist, dann suche ich die Ursache und repariere es. Ich bin für mehr als zehn verschiedene Elektronikkomponenten zuständig und kaum eine Reparatur gleicht der anderen. Für mich ist das eine wahnsinnig zufriedenstellende Arbeit, und sie ist ja auch sehr nachhaltig“, fügt sie begeistert zu.

Zuvor hat die jetzt 35-Jährige im Kindergarten gearbeitet, was sie unglücklich und krank machte: „Da waren ganz andere Stärken gefragt, über die ich überhaupt nicht verfüge. Ich musste mich ständig brutal anstrengen und dennoch reichte es nicht, so dass weder ich selbst, noch die Kollegen zufrieden waren“, erzählt sie. „Ich dachte, ich bin schlecht und kann nichts.“ Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten. Sie war von 2014 bis 2017 krankgeschrieben und bemühte sich um eine Umschulung. Es folgte ein erster Kontakt zum BFW München und im Mai 2017 konnte Frau Königsberger endlich in Kirchseeon mit der Erweiterten Berufsfindung und Arbeitserprobung (EBA) starten.

In der EBA ging es ihr noch immer gesundheitlich schlecht. „Ich konnte den Tag kaum durchhalten“, erzählt die Frau bedrückt, „aber mit der medizinischen Unterstützung ging es sachte voran. Als dann etwas später der dreimonatige RVL-Lehrgang startete, machte ich mir Mut und sagte: Immer einen Schritt nach dem anderen und dann schaue ich, was passiert. Auf diese Weise habe ich gelernt, mir wieder etwas zuzutrauen und wieder durchzustarten. Und plötzlich war ich in Mathe top!“, erzählt sie strahlend. Aber wie kam eine derartige Wendung für sie zustande?

„Ich wäre nie darauf gekommen, in die Elektronik zu gehen. Hätte mir das vorher jemand gesagt, dem hätte ich erwidert, dass er spinnt“, lacht sie. „Doch während der EBA konnte ich einen Tag bei den Elektronikern reinschnuppern und merkte sofort, dass ich das richtig gut kann. Es hatte einfach total Spaß gemacht und ich musste mich plötzlich gar nicht mehr so übermäßig anstrengen, um alles zu bewerkstelligen. Und da machte es „Klick“ bei mir und ich realisierte, dass alles ganz einfach ist und einem gut gelingt, wenn man seine Stärken gefunden hat. Und die sind es, denen man dann auch nachgehen sollte – nicht den Schwächen.“ 

Nach dem RVL-Lehrgang begann im Februar 2018 ihr Hauptkurs zur Elektronikerin für Geräte und Systeme (EGS). Sie war im Internat untergebracht, was auch gut für sie war, denn so konnte sie sich besser auf die Ausbildung konzentrieren. Die Ausbilder erklärten den Stoff sehr fundiert und dann hieß es, Learning by Doing. Dieser Ansatz und die Qualität des Unterrichts waren perfekt für sie und das zahlte sich aus: „Am Anfang waren wir noch vier Frauen im Kurs. Zum Schluss war ich die einzige Frau und Kursbeste!“ Sie hatte erst durch die Elektronik ihre stärksten Seiten entdeckt und entwickeln können.

Das Praktikum absolvierte sie im besagten Elektronikzentralwerk der Deutsche Bahn, wo die angehende Elektronikerin bleibenden Eindruck hinterließ: „Mein damaliger Meister hat mich später angerufen und mir eine frei gewordene Stelle angeboten. Ob ich nicht kommen mag, fragte er mich. Ich habe sofort zugesagt, weil die Arbeit im Elektronikzentralwerk wirklich einzigartig ist. Es gibt kein vergleichbares Werk bei der Deutschen Bahn, keins, das Elektronikkomponenten für die Züge instand setzt.“ Und so war der neue Berufsweg für die frisch gebackene Elektrotechnik-Spezialistin geebnet. „Ich bin echt zufrieden. In meiner Abteilung sind wir 12 Elektroniker, insgesamt gibt es neun Abteilungen, im Werk sind insgesamt 160 Mitarbeiter.“  

Was sie heute anderen zu Beginn einer beruflichen Reha raten würde? „Schaut auf Eure Stärken, bevor Ihr Euch entscheidet. Hier im BFW gibt es so viele Angebote, was echt super ist! Und nehmt so viel wie möglich aus dem Unterricht mit“, sagt sie strahlend.

Die nächste Ausbildung zum/zur Elektroniker/in für Geräte und Systeme beginnt am 05. Juli 2023.

Näheres rund um unsere verschiedenen Ausbildungen erfahren Sie bei unseren Info-Tagen. Hier geht's zur Anmeldung.