Seitenwechsel einer Erzieherin

„Ich habe mit der Chance hier im Jugendamt Mühldorf ganz neue Weichen stellen können“, beginnt Marion Grabmeier ihre Entwicklung zu erzählen. Vorher war die junge Frau mit mehr und mehr körperlichen Grenzen konfrontiert, die sie bis dahin nicht kannte. Eingehende Untersuchungen ergeben schließlich Gewissheit: Eine chronische Erkrankung erschwert ihr das Gehen. Das war 2017. Die zuvor körperlich agile Frau muss zur medizinischen Rehabilitation und – umschulen, denn ihrem eher turbulenten Berufsalltag als passionierte Erzieherin kann sie nicht mehr nachgehen.

„Ich war sehr traurig, denn ich mag meine Arbeit sehr und wollte meinen Beruf nicht ganz aufgeben.“ Die Lösung für die junge Frau wurde bereits in der Reha im Gespräch mit einem Berater ihrer Rentenversicherung gefunden: Eine Umschulung am Berufsförderungswerk (BFW) München gGmbH in Kirchseeon zur Kauffrau für Büromanagement. Die kaufmännische Ausrichtung bietet ihr den Vorteil, eine überwiegend sitzende Tätigkeit auszuüben. Durch die große Bandbreite des neuen Berufs hat sie je nach Einsatzbereich zudem die Möglichkeit, ihre Kenntnisse als gelernte Erzieherin einzubringen. – Und eine solche Chance bot ihr das Jugendamt Mühldorf schon während ihrer Ausbildung im BFW.

„Im Dezember 2020 hatte ich dort im Amt für Jugend und Familie meine externe betriebliche Lernphase absolviert und mich danach gleich dort beworben“, sagt Frau ­Grabmeier begeistert. Und es sollte sich fügen: Kurz nach ihrem Abschluss im BFW konnte die frisch gebackene ­Kauffrau für ­Büromanagement im September 2021 im Landratsamt Mühldorf beginnen. „Erst als Elternzeitvertretung, und im September 2022 wurde ich ganz übernommen“, erzählt sie sichtlich zufrieden.

Sie seien zu dritt im Sekretariat des Jugendamtes – sie und zwei Kolleginnen, die immer füreinander da seien. Der Kontakt und die Gespräche mit den Klienten seien das Wichtigste und machten ihr Spaß – selbst wenn es um schwierige Fälle ginge.

„Und das Tolle ist", so die junge Frau weiter, „dass ich auch mit früheren Kollegen wieder beruflich Kontakt habe, denn ich habe ja praktisch die Seiten gewechselt. Zuvor war ich Erzieherin in der sozialpädagogischen Familienhilfe, und jetzt wenden sich meine ehemaligen Kollegen dort mit ihren Anliegen an mich als ihre Ansprechpartnerin im Jugendamt.“ Sie sei jetzt „happy“, ergänzt sie. Es täte ihr gut, dass sie auch mit ihrer Beeinträchtigung so sein könne, wie sie sei, dass sie geregelte Arbeitszeiten hätte und der vorherige Stress vorbei sei.

Rückblickend sagt sie: „Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass das so gut klappt. Es war, als würden Zahnräder perfekt ineinandergreifen. – Sie sei jetzt beruflich angekommen, und das hätte ihr das BFW ermöglicht.

Ihre Rentenversicherung hatte 2018 alles recht flott in die Wege geleitet: Im März 2019 begann Frau Grabmeier einen Reha-Vorbereitungskurs, um das Lernen wieder zu trainieren, und im Juni 2019 konnte sie mit ihrer neuen Ausbildung beginnen.

Sie wohnte im Internat und lernte dadurch schnell viele Leute kennen: „Dass wir die Gemeinschaft im BFW hatten und uns austauschen konnten, das war das Schönste. Und dass wir zusammen gut lernen konnten“, erinnert sie sich. Sie musste aufgrund ihrer Erkrankung stets darauf achten, sich nicht zu überanstrengen. Dabei habe ihr die Ausbildung im sogenannten „geschützten Bereich“ besonders geholfen, in dem weniger Teilnehmer in einer Klasse waren, die zudem überwiegend in ihrer Altersklasse waren. Das Lernen in kleinen Einheiten war sehr angenehm für sie.

Ausgesprochen gut habe ihr überdies die hausinterne Übungsfirma im Bereich Personalwesen gefallen, ergänzt sie: „Hier bekam ich einen sehr guten praktischen Einblick in diesen Bereich, mit vielen Informationen und Übungen, die ich bei einem externen Firmenpraktikum so nie bekommen hätte.“ Auch die Möglichkeit, Zertifikate für z. B. Word, Excel, Outlook oder E-Commerce zu erwerben, war eine Bereicherung für ihren baldigen Wiedereinstieg ins neue Berufsfeld. – Und auch in der schwierigen Zeit während der Corona-Pandemie fehlte es ihr nicht an der nötigen Unterstützung. In der Zeit wären Rehabilitanden und Dozenten gleichermaßen gefordert gewesen, dennoch hätten die Ausbilder sie auch im „Homeschooling“ weiterhin gut auf die Abschlussprüfungen vorbereitet.

„Wenn man so eine Gelegenheit bekommt, dann sollte man sie ergreifen“, resümiert sie. Jeder habe sein „Packerl“ zu tragen, aber niemand müsse deshalb aufgeben. „Es ist einfach eine Chance“, ergänzt sie schulterzuckend und strahlt. Denn jetzt entwickle sich alles wieder positiv.