Über alternative Wege für Arbeitspädagogen

„Unterricht bis 16 Uhr. – Das war erst einmal ein Kulturschock“, erinnert sich Michael Böhm schmunzelnd. „Ich bin ohne Vorbereitungskurs gleich in den Hauptkurs eingestiegen, und das war zunächst ein harter Schnitt, aber das Lernen und stundenlange Stillsitzen im Unterricht war schnell kein Thema mehr für mich.“

Herr Böhm musste sich aufgrund einer plötzlichen Erkrankung beruflich neu orientieren. In Bitterfeld hatte der gelernte Kraftverkehrsmeister eine Spedition geleitet. Natürlich gefiel ihm, was er tat, doch jetzt kam ihm ein früherer Berufswunsch wieder in den Sinn: Eigentlich wollte er immer gern als Lehrer in einer Berufsschule arbeiten, doch das hatte zu seinem Berufseintritt nicht geklappt. Eine Umschulung zum Arbeitspädagogen würde ihm aber ein ähnliches Wirkungsfeld ermöglichen. Er hätte mit Menschen zu tun, und im Fall einer Tätigkeit als Arbeitspädagoge hieße dies, mit Menschen mit Behinderung, die er ressourcen-orientiert fördern und begleiten würde.

In seiner Heimat in Sachsen-Anhalt hätte Herr Böhm jedoch erst eineinhalb Jahre warten müssen, bis er eine Umschulung zum Arbeitspädagogen hätte beginnen können, also recherchierte er selbst und stieß auf die Möglichkeit im BFW München. „Ich wusste, dass ich das machen will und habe kurzerhand alles selbst organisiert. Das hieß zuallererst, meinen Sachbearbeiter bei der Rentenversicherung von meinem Vorhaben zu überzeugen, die Umschulung zum Arbeitspädagogen im BFW München zu machen.“ Doch das entpuppte sich für ihn als ein Leichtes. Am 5. September 2019 zog Michael Böhm ins Internat des BFW, 18 Monate später war er erfolgreich ausgebildeter Arbeitspädagoge. 

„Die Zeit verging dort wahnsinnig schnell“, erinnert er sich. „Wir hatten sehr gute Dozenten. Vor allem die praxisbezogene Unterrichtsgestaltung über Fallbeispiele war hervorragend. Dadurch fiel das Lernen viel leichter und machte natürlich auch mehr Spaß.“  

Auf die Frage, welcher Tätigkeitsbereich jetzt folgen sollte, hatte Herr Böhm erneut sehr konkrete Vorstellungen. „Ich habe mich initiativ auf eine Stelle als Sozialpädagoge bei einem privaten Bildungsträger in Sachsen-Anhalt beworben.“ Die Anforderungen an einen Sozialpädagogen passten zwar nicht punktgenau zu den Fähigkeiten eines Arbeitspädagogen, aber davon ließ sich er sich nicht beirren und wurde eingestellt.

Herr Böhm absolvierte daraufhin zwei Weiterbildungen im Bereich psychologische und sozialpädagogische Beratung und ist seit Mai 2021 Ausbildungsbegleiter für 25 Jugendliche, die er in allen Belangen unterstützt. „Bei der Gruppe handelt es sich um sogenannte Lernschwache, die in einer Behindertenwerkstatt unterfordert und in einer regulären Ausbildung überfordert wären.“ Er unterrichtet sie in Allgemeinfächern wie Mathematik, Deutsch, Sozialkunde und in fachspezifischen Lernfächern wie Transport, Logistik, Bau und in kaufmännischen Fächern.

Insofern hat sich Herr Böhm seinen ursprünglichen Wunsch, als Berufsschullehrer tätig zu werden, über Umwege doch noch erfüllen können. „Die Arbeit mit Menschen, in meinem Fall mit Jugendlichen, ist essenziell für mich geworden. Zu sehen, wie sie sich freuen, wenn sie eine 3 als Note geschrieben haben, ist kaum zu beschreiben.“ Er schätzt die enorme Abwechslung in seinem neuen Job und ist sich der sehr hohen Verantwortung bewusst. Und er entwickelt sich weiter. „Ich studiere nebenbei noch Angewandte Psychologie mit dem Ziel, im Fachbereich Psychologisches Empowerment tätig zu werden. Oder später vielleicht einmal mit Kindern mit psychischen Problemen zu arbeiten.“

Das BFW war es, das ihm seinerzeit die Weichen für diese Entwicklungsmöglichkeiten gestellt hatte, sagte er. Er war im September 2019 ins BFW mit dem Anspruch an sich selbst gekommen, dass er die Ausbildung gut schaffe. Seine Erwartung an das BFW wiederum war damals, dass er nach seiner langen Erkrankung dort gefördert würde, ein angenehmes Umfeld für die Ausbildungszeit und eine Perspektive bekäme. „Alle diese Erwartungen wurden weit übertroffen“, betont er.

Auch heute kommt er noch gern ins BFW – jetzt als geladener Dozent für die aktuellen Umschüler. „Ich spreche dort über alternative Wege für Arbeitspädagogen. Es ist wichtig, dass sie über den Tellerrand schauen. Dass sie sich trauen, auch andere, neue Wege zu gehen, wie zum Beispiel in Richtung Sozialpädagogik, denn diese Fachkräfte werden ebenso dringend gesucht.“ Vor allem aber ist es wichtig, mit einer positiven Grundeinstellung diese neue Chance hier im BFW anzugehen, aber da sehe er bei den künftigen Absolventen hier keinen Nachholbedarf.

 

Der nächste Reha-Vorbereitungslehrgang für Arbeitspädagogen beginnt am 22. März 2023, die nächsten Hauptkurse am 06. März und am 14. April 2023.

Näheres rund um unsere vielfältigen Ausbildungen erfahren Sie bei unseren Info-Tagen. Hier geht's zur Anmeldung.