Staffelstab-Übergabe

Wenn plötzlich zwei Menschen an einem Tisch sitzen, mit derselben Ausbildung bei den gleichen Ausbildern – nur, dass zwei Jahrzehnte dazwischenliegen, dann schließt sich ein historischer Kreis. Das beschreibt die Situation, als der ehemalige BFW-Rehabilitand dem derzeitigen Rehabilitanden als seinem neuen Praktikanten die Abläufe erklärte. Vor gut 20 Jahren hatte Friedrich Eiglsperger seine Umschulung zum Speditionskaufmann im BFW absolviert, und jetzt lernte er Andreas Rauchfuß, den Junior Speditionskaufmann in spe an, der zudem sein Nachfolger werden sollte. Aber eins nach dem anderen.   

„Ich sehe es als zweite Chance, aus der ich jetzt das Beste machen will“, resümiert Andreas Rauchfuß die Drehungen und Wendungen seiner bisherigen Laufbahn. „Wenn ich nicht erkrankt und für arbeitsunfähig erklärt worden wäre, hätte ich nicht den Karriereweg eingeschlagen, den ich jetzt beginne“, betont er überzeugt.

Ende Januar 2023 macht er am Berufsförderungswerk (BFW) München seine Abschlussprüfung als Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistungen und im Februar darauf tritt er eine Neuanstellung als Export-Koordinator an. Sein neuer Arbeitgeber ist die Schletter Solar GmbH, bei der Andreas Rauchfuß seine externe betriebliche Lernphase absolviert hatte. Ab Februar wird er dort die Position von Herrn Eiglsperger übernehmen, der in den Ruhestand geht. Herr Eiglsperger war nach seiner Umschulung am BFW seinerseits direkt zur Schletter Solar GmbH in Anstellung gegangen. Damit nicht genug: Beide Herren haben damals wie heute bei den selben Ausbildern im BFW gelernt – bei Herrn Leuverink, Frau Hoffart und Herrn Haupt. Dabei war diese glückliche Fügung reiner Zufall.

Andreas Rauchfuß hatte zunächst ganz woanders seine externe betriebliche Lernphase begonnen. Dort hatte es ihm aber überhaupt nicht gefallen und brach deshalb ab. „Heute bin ich froh, dass ich den Mut dazu hatte, aber erst fühlte ich mich etwas ratlos“, bekennt er. Seine Kursleiterin Frau Hoffart nahm daraufhin den Hörer in die Hand, rief ihren ehemaligen Auszubildenden Herrn Eiglsperger an und vier Tage später hatte der junge Mann den für ihn richtigen Praktikumsplatz. Die folgenden drei Monate waren sehr arbeitsintensiv für ihn. „Am Vormittag lernte ich ihn an und am Nachmittag setzte Herr Rauchfuß bereits alles in Eigenregie um“, beschreibt Senior Speditionskaufmann Eiglsperger den Arbeitsalltag mit seinem jungen Nachfolger. – Was sich als die bestmögliche Vorbereitung auf seine künftige Tätigkeit bei der Schletter Solar GmbH herausstellte: „Ich bin dort für die Zolldokumente zuständig und berate die Kollegen dahingehend, dass sie alle Vorschriften ordnungsgemäß einhalten und einwandfreie Unterlagen vorweisen“, erläutert Herr Rauchfuß. Die Schletter Solar GmbH mit Sitz in Haag in Oberbayern ist Premium-Anbieter für Solar Montagesysteme und beliefert über 100 Länder mit Komponenten für Solaranlagen und -parks. „Da wird es schnell komplex“, erklärt der Absolvent. „Für jeden Auftrag ist zu kalkulieren und zu entscheiden, welches Transportmittel das geeignete ist – ob beispielsweise LKW oder Schiff – je nach geographischer Lage des zu beliefernden Landes“, konkretisiert der künftige Export-Koordinator seinen baldigen Arbeitsalltag.

Ob Herr Rauchfuß weitere Karriere-Pläne hat? Aber ja. Er will als nächsten Karriereschritt den Fachwirt für Außenhandel machen, berufsbegleitend. Sein inzwischen ausgeprägter Karrierewunsch habe sich erst entwickelt, als er krank wurde. Weil er die Erfahrung gemacht habe, dass eine geringe berufliche Qualifikation oftmals mit körperlich schwereren und für die Gesundheit eher prekären Arbeitsbedingungen verbunden sei. Der gelernte Schreiner und ehemalige Panzergrenadier der Bundeswehr hatte zuvor als Kommissionierer in einem Lager gejobbt, bis er eine äußerst seltene Krankheit bekam, für die es bislang keine Behandlungsmöglichkeiten gibt. Das Tief, das daraufhin zunächst folgte, sollte Dank einer Beraterin bei seiner Krankenkasse nicht lange andauern. Denn sie hatte Kontakt zu Frau Katharina Weigel, Case Managerin am BFW, die umgehend persönlich vorbeikam, Herrn Rauchfuß beriet und sich auch um die Kostenübernahme durch die DRV Bund für ihn kümmerte, so dass seiner zeitnahen Anmeldung für den nächsten Ausbildungslehrgang zum Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistungen nichts mehr im Weg stand. Denn das war es, was er neu erlernen wollte. Der Arbeitsmarkt für Speditionskaufleute ist ausgesprochen gut, zumal sie nicht nur in der Speditionsbranche, sondern auch in der Industrie als Fachkräfte sehr gefragt sind.

Im Oktober 2020 zog er ins Internat, weil er aus der Gegend Passau kommt, und nach einem Vorbereitungskurs startete er im Januar 2021 die eigentliche Ausbildung. Die Lehrer am BFW seien sehr gut, erklärt der Absolvent anerkennend. Sie brächten den Azubis sehr viel bei. Und es werde im Internat und als Freizeitmöglichkeiten viel geboten, ergänzt er. „Jeder soll die zwei Jahre hier genießen, aber auch lernen, weil der Beruf schon sehr spezifisch ist“, so sein Rat. Es lohne sich, sich weiterzubilden und ja, auch Karriere zu machen, wenn man das wolle, so Herr Rauchfuß abschließend. Deshalb suche er bereits eine Wohnung in der Nähe seines neuen Arbeitgebers.