Mit Rap auf den Ohren zum Qualitätsfachmann

„Ich habe meistens mit Kopfhörern auf den Ohren gelernt und dabei deutschen Rap gehört“, erzählt Deniz Aktas (32) über seine Vorbereitung auf die Abschlussprüfung zum „geprüften Qualitätsfachmann“ vor der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern im Februar 2017. 

Zuvor hatte er jahrelang nur unter beständigen Schmerzen in seiner linken Schulter gearbeitet. Bei einer OP wurden schließlich Teile des Schulterknochens abgetragen, die die Sehne eingequetscht hatten. Seinen Erstausbildungsberufs „Verfahrensmechaniker für Kunststoff und Kautschuk“ konnte er fortan nicht weiter ausüben. Nachdem die Deutsche Rentenversicherung ihm „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ bewilligt hatte, schulte Aktas im Berufsförderungswerk (BFW) München um.

In der Augsburger Geschäftsstelle absolvierte er eine zwei­wöchige „Berufsfindung und Arbeitserprobung“. Diese bestätigte seine Eignung für den Beruf „Qualitätsfachmann“.

Mit Start der Umschulung in Kirchseeon zog Aktas dann ins BFW-Internat. Im dreimonatigen Reha-Vorbereitungslehrgang konnte er seine Schulkenntnisse auffrischen, bevor der Hauptkurs nahtlos anschloss. 

Die meiste Freude im Unterricht hatte er an den Praxiseinheiten. Den im BFW München ausgebildeten angehenden Qualitätsfachleuten steht hierfür ein hochmoderner Feinmessraum zur Verfügung, in dem zu Beginn der Umschulung die grundlegenden Handmessmittel unterwiesen werden. In dem normgerecht konstant auf 20 Grad temperierten Raum, der sowohl mit taktilen als auch optischen Messmaschinen ausgestattet ist, wird u. a. Werkstoffprüfung, z. B. Zugversuch und Härteprüfung, durchgeführt. 

Im BFW nahm Aktas am Lehrgang AUKOM 1 (Ausbildung ­Koordinatenmesstechnik e. V.) teil – eine in der Industrie anerkannte Schulung, die herstellerübergreifende Standards der Koordinatenmesstechnik vermittelt. Zudem legte er die Prüfung zum Qualitätsassistenten ab. Für diese Zusatzquali­fikation im Bereich Qualitäts­management arbeitet das BFW mit der Deutschen Gesellschaft für Qualität (DGQ) zusammen. 

Seit 2018 ist Aktas bei der Wirthwein Friedberg GmbH &Co. KG tätig. Das Unternehmen mit Sitz in Friedberg entwickelt und produziert Kunststoffteile, hauptsächlich für die Auto­mobilbranche, aber auch für Haushaltsgeräte.

„Wenn ein neuer Auftrag eingeht, prüfe ich gemeinsam mit dem Projektleiter die Umsetzbarkeit der Zeichnung“, erzählt Aktas. „Anschließend programmiere ich die Messmaschinen für taktiles und optisches Messen. Mit diesen werden die ­ersten Bauteile gemessen, um zu sehen, ob sie eventuell noch korrigiert werden müssen. Wenn alles passt, kann die Serienherstellung starten.“ Gemeinsam mit einem Kollegen führt er serienbegleitende Messungen durch, um die Qualität der ­produzierten Teile sicherzustellen.

„Qualitätsfachleute sind unheimlich gesucht“, sagt Aktas. ­Hintergrundwissen aus dem Metall- und Kunststoffbereich seien von Vorteil, aber auch Quereinsteiger könnten sich lang­fristig beweisen: „Wichtig ist das eigenständige Mitdenken. Man muss immer hinterfragen, ob die Messergebnisse denn auch wirklich plausibel sind.“

Seiner eigenen Zukunft bei Wirthwein sieht Aktas freudig entgegen. „Vielleicht kann ich bald Messraumleiter werden.“ In dieser Position wäre er dann zusätzlich u. a. für die Dokumentation der Aufträge verantwortlich. Aktuell absolviert er für seine berufliche Weiterbildung den Lehrgang AUKOM 2. 

Aktas arbeitet und lebt heute schmerzfrei. Und er zieht noch immer gerne die Kopfhörer auf – nicht mehr zum Lernen, aber zum Abschalten am Abend. Das im BFW regelmäßige besuchte Badminton-Training hat der Familienvater gegen Sport mit seinen zwei Töchtern eingetauscht.

„Stecken Sie nicht den Kopf in den Sand, sondern machen Sie das Beste aus Ihrer Situation. Wenn Sie diese großartige Chance auf Umschulung bekommen, sollten Sie diese zu schätzen ­wissen und für sich nutzen!“